Vor ein paar Wochen habe ich von einer Berlinerin eine E-Mail bekommen. Die E-Mail ist teils auf deutsch, teils auf japanisch geschrieben. Ich habe mich gefragt, was das wohl bedeute, aber habe gleich darauf verstanden, dass die Frau meinen letzten Artikel in diesem Blog, den ich vor fast drei Jahren geschrieben hatte, gefunden, gelesen und sich für mein Buch über Berlin interessiert hat. Danach habe ich mit ihr ein paar Mal Mails ausgetauscht und ihr mein Buch zukommen lassen. Sie hat einmal in Japan an Japanischkursen teilgenommen und wollte „mit Ihrem Buch ein bisschen an meinem Japanisch arbeiten und gleichzeitig noch etwas über Berlin dazulernen.“
Das war eine kleine Begegnung. Ich habe die Berlinerin nicht in Person gesehen, aber sie hat mir die Motivation gegeben, wieder hier auf deutsch zu schreiben.
Das Erdbeben am 11. März 2011, der darauf folgende schreckliche Tsunami und die Katastrophe in Fukushima haben nicht nur die Japaner, die in Japan wohnen, sondern auch die, die im Ausland wohnen, völlig verändert. Uns hat es mit ratloser Trauer erfüllt zu erfahren, dass der Tsunami das Leben so vieler Landsleute genommen und mehrere Städte an der Küste völlig verwüstet hat. Es war ein Schock, dass das Atomkraftwerk, dessen Existenz der größere Teil der Japaner bisher als völlig selbstverständlich angenommen hat, und das gewiss auf einer Seite die wirtschaftlichen Erfolge von Japan symbolisiert hat, so leicht zerstört wurde. Damit sind in Japan nicht wenige Gegenden entstanden, die verstrahlt wurden und die die Einwohner, die mehrere Jahrzehnte dort gewohnt hatten, sofort verlassen mussten. Man weiss nicht, wann sie dort wieder wohnen können. Und dann noch die Verzweiflung, dass unsere Regierung nach der Katastrophe total ratlos war und viele Tatsachen vor der Bevölkerung versteckt hat, was an die Zeit während des zweiten Weltkrieges erinnert hat...
Nach dem Erdbeben waren auch die Japaner in Berlin sehr ruhelos und haben oft unter der Tatsache gelitten, dass die japanischen und die deutschen Medien so unterschiedlich berichteten. Vielleicht waren wir deshalb auf der Suche nach Solidarität. In Berlin gab es in dieser Zeit sehr viele Benefizveranstaltungen.
Zu einer Zeit wurden fast jeden Tag Konzerte, Aufführungen, Diskussionen, Wohltätigkeitsbasar usw. veranstaltet. Diese wurden nicht nur von Japanern, sondern auch von Deutschen, denen wir immer noch dankbar sind, initiiert. Ich habe auch an vielen teilgenommen und gespendet. Inzwischen breitete sich die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland rasch aus. Wir wurden oft nach der Lage und der Atompolitik in Japan gefragt. Das war manchmal nicht einfach und leicht verständlich zu beantworten. Ich habe mich immer selbst gefragt, was ich jetzt in Berlin machen soll? Normalerweise schreibe ich japanischen Lesern auf japanisch über Berlin und Deutschland, aber ich habe immer mehr die Notwendigkeit gefühlt, auch auf deutsch über Japan zu schreiben. In meinem Blog möchte ich nun diesen Schritt nach vorne machen.
Im letzten Dezember wurde in Japan eine neue Regierung gebildet. Der neue Ministerpräsident Abe will das Konjunkturprogramm stärken. Die japanischen Medien berichten darüber viel. Aber auf der anderen Seite hat man den Eindruck, dass andere wichtige Themen wie der Wiederaufbau im Katastrophengebiet oder die Zukunft der Atomkraftenergie dabei zu kurz kommen. Das macht mir Sorge. Ich möchte immer vorsichtig die Lage in meinem Heimatland betrachten.
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